Donnerstag, 11. Dezember 2014

Dezember 2014 - Inforundbrief



Dr. med Anne Prema Sittl  Email: anne.sittl@gmx.de  Skype: paulaelisabeth11
Tel : 0176 38735090         
                                                                                                                       November 14                                                                                                                                                                                                          



Liebe Verwandte, Freunde und Interessierte der Projekte in Takoradi,

sehr positiv ist, dass Dr. Tawiah, den ich seit längerem kenne und als Mensch wie auch als Arzt schätze, nach seiner Weiterbildung in England nicht die ihm dort angebotene Stelle angenommen hat, sondern nach Ghana zurückgekehrt ist und mit mir in Takoradi gut zusammenarbeitet. Er vertritt als Internist die Schulmedizin, ich mit Klassischer Homöopathie, Chirotherapie und Pflanzenheilkunde mehr die alternative Medizin. Zum Glück haben wir inzwischen erreicht, dass ich alle offiziellen Papiere für meine Arbeit als Ärztin und den Bau des Gesundheitszentrums habe. Die jetzigen gemieteten Räume für Praxis und Wohnung sind zwar günstig, aber auf Grund der schlechten Bauweise, großen Hitze und Lärmbelastung auf Dauer sehr anstrengend und viel zu klein. Das Ultraschall- und EKG-Gerät, das wir dank Eurer Unterstützung kaufen konnten, ist eine wertvolle diagnostische Hilfe und erspart vielen Patienten die Reise nach Accra oder Kumasi. Außerdem konnten wir die Praxis- und Laboreinrichtung verbessern. Dass Dr. Tawiah in Takoradi bleibt und auch meine Patienten aus dem Armutsviertel Effiakuma betreut, hat mir die Entscheidung erleichtert, aus für mich wichtigen familiären Gründen nochmals einige Monate in Deutschland zu verbringen. Ich stehe weiterhin mit einigen meiner ghanaischen Patienten über Skype und Email in Kontakt.
Seit März ist die wirtschaftliche Situation in Ghana deutlich spürbar angespannt; so sind die Preise für viele Güter besonders auch für Nahrungsmittel in die Höhe geschnellt; der tägliche Kampf ums Überleben ist für viele Menschen schwieriger geworden. Da die weitere Entwicklung noch nicht vorhersehbar ist und in letzter Zeit erstaunlich viele kleine Firmen entstanden sind, die Kleinkredite vergeben, verzichten wir vorerst auf den Ausbau unseres Mikrokreditprojekts.
Ebola ist zum Glück noch nicht in Ghana angekommen, aber macht den Menschen Angst. Sie empfinden die Krankheit als eine Art Makel, der wieder einmal mit der Armut und der schlechten medizinischen Versorgung in Afrika einhergeht. Die Angst vor Ansteckung ist nicht unberechtigt. Viele Flüchtlinge und Studenten aus Sierra Leone und besonders aus Liberia leben in Ghana, besuchen meist auf dem Landweg ihre Familien zu Hause und kommen nach Ghana zurück. Leider gibt es von öffentlicher Seite zu wenig vorbeugende Maßnahmen und Informationen zu Ebola. So haben manche Pastoren und selbsternannte Prediger eine „wunderbare“ Chance, die Angst der Menschen auszunutzen, ihre Kirchen zu füllen und die Krankheit als „Strafe Gottes“ und Aufruf zu „Sühne und Gott wohlgefälligem Leben“ zu missbrauchen. Umso wichtiger ist es, dass Ärzte wie Dr. Tawiah in Takoradi, Dr. Naalene in Tamale oder Ramani als „health worker“ neben der medizinischen Versorgung versuchen, die Patienten rational und verständlich über die Ursachen, Behandlung und Prophylaxe von Ebola aufzuklären. Übrigens haben wir dank Eurer Hilfe Dr. Naalenes Medizinstudium ebenso finanziert wie die Ausbildung von Ramani zum Krankenpfleger. Dr. Naalene arbeitet in einem staatlichen Krankenhaus bei Tamale, Ramani leitet in einem Dorf außerhalb von Takoradi eine kleine Krankenstation. Mit Euren Spenden haben wir die Ausstattung der Station mit wichtigen Medikamenten, Material zur Wundversorgung und einfachen Untersuchungsgeräten so verbessert, dass Ramani sinnvolle medizinische Grundversorgung leisten kann.
Zurzeit fördern wir die Ausbildung von Anti und Humu zu Krankenschwestern und von Madiya zur Technikerin für Wasserversorgung. Ab nächstem Semester wollen wir in Zusammenarbeit mit der medizinischen Fakultät wieder einem mittellosen, aber begabten Studenten die Fortsetzung des Medizinstudiums ermöglichen.   
Das Projekt „Schulpatenschaft“ wird weiterhin zuverlässig und ehrenamtlich von Ayischa betreut.
Zum Schluss noch einige Beobachtungen, die Euch vielleicht interessieren: Die Behandlung von Malaria mit Tee aus der von uns selbst angebauten Pflanze Artimisia annua ist bei vielen Patienten erstaunlich gut wirksam. Auch zur Vorbeugung von Malaria hat sich der Tee in geringer Dosierung sehr bewährt und bis jetzt konnten wir weder bei der therapeutischen noch prophylaktischen Anwendung unerwünschte  Nebenwirkungen feststellen (s.a. www.anamed.de). Nichtsdestoweniger ist Artimisia ein hochpotentes Arzneimittel, das in erster Linie der Therapie vorbehalten bleiben sollte; Anbau, Ernte und Lagerung der getrockneten Blätter verlangen viel Sorgfalt. Deswegen bin ich froh, dass uns Prof. Addai von der Medical School an der Universitätsklinik von Accra eine weitere Möglichkeit vor allem der Langzeitprophylaxe von Malaria aufgezeigt hat. Prof. Addai lässt seit mehreren Jahren Kakaobohnen in einem besonders sorgfältigen Verfahren zu Pulver verarbeiten und hat festgestellt, dass dieses Kakaopulver, ungesüßt und in Wasser aufgelöst, neben vielen anderen positiven Effekten auch vor Malaria zu schützen scheint. Ich kenne Prof. Addais Kakao seit Juni 2013 und kann seine Erfahrungen nur bestätigen. So bleiben z.B. Patienten, die über Jahre teilweise alle vier Wochen an Malaria tropica erkrankten, bei täglicher Einnahme von 2 Tassen Kakao gesund. Natürlich heißt das alles noch gar nichts, aber ich finde es auf alle Fälle lohnenswert, mit Prof. Addai den sicher nebenwirkungsfreien Kakao weiter zu erproben. Falls sich jemand von Euch näher dafür interessiert (auch für Shea Butter bei Hautproblemen), kann sich gerne an mich wenden ebenso wie bei Fragen zu Takoradi.
Wir freuen uns über jede Unterstützung zugunsten von Takoradi und danken Euch für Eure Geduld. Mit vielen Grüßen und den besten Wünschen für ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes und glückliches Neues Jahr!   

                                                              Eure Anne         



Spenden bitte mit Angabe von Namen und Adresse auf das Konto 100-606405 bei der VR-Bank  EHH,BLZ 763 60033, IBAN: DE 88763600330100606405,  BIC:  GENO DEF1ER1Kontoinhaber: Ghana-Freunde e.V.,  Verwendungszweck: Takoradi

Sonntag, 17. November 2013

November 2013 - Inforundbrief



Dr. med Anne Prema Sittl    Email: anne.sittl@gmx.de   Skype: PaulaElisabeth11
Tel : Ghana : 00233 2044371120  Deutschland : 0176 38735090         
                                                                                                                     
                                                                     November 2013                                                                                                           


Liebe Verwandte, Freunde und Interessierte der Projekte in Takoradi,

zunächst berichte ich Euch von meiner täglichen Arbeit im großen Armenviertel  Effiakuma in Takoradi. Das Wichtigste sind die Patienten, die mit tropen­typischen Erkrankungen wie Malaria, Diarrhoe, Wurmerkrankungen zu mir kommen, aber genauso wie bei uns mit Grippe, Bronchitis, Magen-, Nierenentzündung und chronischen Erkrankungen wie Asthma, Bluthochdruck (deutlich häufiger als bei uns), Arthritis, Rückenschmerzen, Migräne. Kinder kommen auf eigene Faust oder die nur wenig ältere Schwester bringt das jüngere Geschwisterchen. Sie leiden an Husten, Fieber und Wunden, die sie sich beim barfuss laufen und Fußballspielen vor allem an den Füßen zuziehen. Es hat sich herumgesprochen, dass ich soweit wie möglich „süße Medizin“ (homöopathische Globuli) und eine kleine Süßigkeit verteile, wenn die Behand­lung weh tut. Viele Erwachsene kommen leider oft spät, wenn die Erkrankung schon weit fortgeschritten ist und sie wirklich nicht mehr weiter wissen. Männer mit über 39 Grad Fieber, die weiter auf der Baustelle arbeiten, Männer mit so starker Linsen­trübung, dass man sich wundert, wie sie überhaupt noch etwas sehen können, aber im Hafen die Kakaosäcke auf die Schiffe schleppen, Frauen mit ausgeprägter Anämie (Hb-Wert von 4 g/dl), die mit ihrem Kleinkind auf dem Rücken schweres Brennholz in glühender Sonne nach Hause tragen, etwas ältere Frauen mit nicht oder schlecht therapiertem Diabetes und so tiefen und großen eitrigen Geschwüren, dass der halbe Fuß verfault ist und ich nur noch die Amputation empfehlen kann.
Ich staune immer wieder über die Leidenstoleranz, die Ursachen hat wie: die Erfahrung, dass eine Beschwerde schon wieder von selbst vergeht, die Angst vor den Kosten, auch die Scham, wenn sie mich nicht bezahlen können, obwohl ich viele Patienten kostenlos oder für sehr wenig Geld behandle, der Druck nicht krank sein zu dürfen, weil ohne Arbeit kein Geld für das Essen am nächsten Tag da ist, auch Unwissen über Therapie­möglichkeiten und Folge­erscheinungen von Krankheiten wie eitrige Mandelent­zündung, Bluthochdruck oder Asthma, weswegen die Kinder nachts husten und keine Luft bekommen, aber tagsüber wieder munter spielen, auch wenn sie für ihr Alter zu klein sind.
Ich halte keine Vorträge mehr über verschiedene gesundheitliche Themen, zu denen mich die muslimischen Gemeinden zu Beginn meiner Zeit in Takoradi eingeladen hatten. Sie sind relativ zeitaufwendig und verändern meiner Erfahrung nach nicht viel. Ich versuche lieber im persönlichen Gespräch mit meinen Patienten und vor allem mit Frauen zu denen ich guten Kontakt habe, etwas von meiner Sicht über Krankheit, Vorsorge, gesunder Ernährung usw. zu erzählen. Es ist viel besser, dies nur bei Nachfrage meiner Gesprächspartner zu tun, leider brennt es mir manchmal zu sehr unter den Nägeln und ich halte wieder einmal nicht rechtzeitig meinen Mund.      
In der Regenzeit hatte ich dieses Jahr mehr als sonst zu tun:  Nach vielen sehr heissen und trockenen Wochen ab Weihnachten fiel der lang ersehnte Regen endlich Mitte Juni, wolkenbruchartig mit heftigen Stürmen, alles stand unter Wasser, Straßen, Hütten, aber nach ca. zwei Wochen war alles vorbei. Der übliche tagelange Nieselregen blieb aus und es wurde für Takoradi mit ca. 25°C außergewöhnlich kühl. Ich habe dieses Wetter sehr genossen, vor allem die kühleren Nächte, in denen ich sogar eine leichte Decke überziehen konnte. Da die meisten Bewohner von Effiakuma keine Decke und kein Sweatshirt für die frischen Morgen- und Abendstunden haben, wurden viele von ihnen krank.
Beschäftigt bin ich auch in meinem kleinen Garten mit dem Anbau von Gemüse und Artimisa annua zur Therapie und Prophylaxe von Malaria. Prophylaxe ist notwendig bei Leuten wie mir, die im Gegensatz zu den in Ghana aufgewachsenen Menschen keine Teilresistenz gegen den Malariaerreger entwickeln konnten, oder auch für Einheimische, die aus welchen Gründen auch immer (Stress?) ständig an Malaria erkranken. Eine einfache Krankheit ist Malaria nie, auch wenn sie von den Menschen hier oft wie eine Erkältung abgetan wird.  
Da die Blätter der Artimisiapflanze sehr fein sind und der Tee für die gewünschte therapeutische Wirksamkeit keine Stiele enthalten darf, ist die Ernte recht mühselig. Das Trocknen und Lagern muss ebenfalls sehr sorgfältig geschehen, sonst kommt es bei der hohen Luftfeuchtigkeit leicht zu Schimmelbildung. Ich bin froh, dass zuverlässige Helfer diese Arbeit übernommen haben.                          
Mein Lese- und Schreibunterricht mit Frauen, die nie die Schule besucht haben, hat sich im Sand verlaufen obwohl die Frauen eifrig bei der Sache waren. Wahrscheinlich war ich keine ausreichend gute und geduldige Lehrerin - es ist erstaunlich mühselig als Erwachsener das ABC zu erlernen - ein anderer Grund ist aber auch die fehlende Bereitschaft der Frauen zu üben, was bei ihrem Arbeitspensum allerdings verständlich ist: Wasser von weither schleppen, weil aus der örtlichen Wasserstelle wieder mal kein Wasser kommt, Wäscheberge, die per Hand gewaschen werden müssen, Kochen über offenem Feuer für eine große Familie und gleichzeitig der Versuch, durch Verkauf von Selbstgekochtem oder einem kleinen Handel, das Familienbudget aufzubessern. Vielleicht waren auch die Ehemänner der Frauen nicht besonders angetan von unseren Lernversuchen, aber mehr als ein paar vage Andeutungen dazu konnte ich den Frauen nicht entlocken.
Viel Freude macht mir das Vorlesen, Spielen und Malen mit Kindern aus den Armuts­vierteln, die gerne zum Essen bleiben, weil sie hungrig sind. Mädchen und Jungen müssen zu Hause helfen und werden oft zum Verkauf auf die Straße geschickt. Sie sind so den ganzen Tag sich selbst überlassen und vor allem die Jungen strolchen durch die Gegend mit wenig positiven Beschäftigungsmöglichkeiten. Es gibt besonders für Kinder nur eine sehr geringe Auswahl an Büchern, und ich bin erschrocken, als ich feststellen musste, wie teuer Bücher selbst in gebrauchtem Zustand sind. Es ist klar, dass sich nur wenige den Luxus des Bücherlesens leisten können. Eine einzige kleine Bibliothek der Methodisten in Takoradi verleiht nur wenige Bücher mit süßlich religiösem Inhalt. Deswegen bin ich sehr froh über die gespendeten und von mir gekauften Kinderbücher, die immer wieder Anlass zu eifrigen Diskussionen mit den Kindern geben. Sehr dankbar sind wir auch für die Kartons mit Spielen, Stiften und Papier aus Deutschland, kleinen, sehr nützlichen Schätzen wie Kreiden, Spielzeugautos und Glasmurmeln und natürlich für die Bälle. Wir haben mit Begeisterung - mich eingeschlossen - Ball über Schnur gespielt (bei Fußball spiele ich nicht mit), Gummitwist und Seilspringen geübt...
Die Formalitäten für meine offizielle Arbeitsgenehmigung und den Bau des Zentrums schienen erledigt zu sein und wir atmeten alle auf. Allerdings verlangte dann die Regierung bzw. ghanaische Ärztevertretung, dass ich eine Prüfung ablege, in der medizinisches Wissen wie zum Staatsexamen abgefragt wird. Das liegt bei mir 30 Jahre zurück. Es gibt zum Glück eine Möglichkeit, die Prüfung zu umgehen, weil ich weder Lust noch Zeit habe, wieder Wissen zu pauken – noch dazu auf Englisch -, das ich in der täglichen Praxis nicht benötige. Aber all dies braucht unglaublich Zeit und Geduld und ist manchmal schon sehr nervig, auch weil wir dank Eurer Unterstützung zumindest den Bau der kleineren Variante des Zentrums bald  finanzieren könnten!

Jetzt bin ich bis Ende Februar in Deutschland, eine Auszeit für mich, in der ich mich auch um meine Mutter kümmern kann. Dann werde ich ca. 6 Monate in Indien sein, wo ich nochmals wertvolle medizinische und sonstige Erfahrungen sammeln kann. Während dessen wollen sich viele in Takoradi für meine Belange und das Gesundheits­zentrum einsetzen. Abdul und Ben, die mir oft in der täglichen Praxis ausgeholfen haben, übernehmen die medizinische Erstversorgung in Effiakuma. Sie haben gelernt, Verletzungen, einfache Atemwegs- und Durchfallerkrankungen und vor allem Malaria mit dem Artimisiatee zu behandeln, den sie mit Helfern weiterhin auf dem kleinen Grund­stück anpflanzen, wo ich gearbeitet und gelebt habe. Im Viertel sind die Hütten so dicht aneinander gebaut, dass es oft nicht genügend Licht gibt, um einen Topf für die Artimisia­pflanze aufzustellen. Von Vorteil ist, dass Abdul und Ben die Achtung vieler Bewohner von Effiakuma genießen, was nicht einfach ist im großen Völkergemisch, den vielen Stämmen und verschiedenen Religionen und Konfessionen in Effiakuma.
Ramani, dessen Ausbildung zum Krankenpfleger wir dank Eurer Hilfe finanzieren konnten, hat mich in den ersten Monaten meiner Praxis in Takoradi unterstützt und wir konnten viel voneinander lernen. Ramani ist sehr engagiert und führt seit einem Jahr außerhalb von Takoradi eine kleine Krankenstation, deren medizinische Ausrüstung wir deutlich verbessert haben und die wir weiterhin fördern möchten. Das Auto, mit dem ich auch bei meinen Krankenbesuchen unterwegs war, hilft Ramani, Patienten in weiter entfernten kleinen Dörfern aufzusuchen.

Das Projekt Mikrokredite in Takoradi läuft im Moment noch auf Sparflamme. Der Hauptverantwortliche, Sharif, ist im Juli nach Nierenversagen und einigen Wochen an der Dialyse plötzlich mit 39 Jahren verstorben. (Die nächste Dialysestation ist übrigens in der Universitätsklinik von Accra, 5 bis 6 Autostunden von Takoradi entfernt.) Der bisherige Rahmen von 5.500,- € für das Projekt wurde nicht überschritten, neue Kredite werden nur von den wieder rückerstatteten Beträgen vergeben. Jetzt haben wir endlich einen geeigneten Nachfolger gefunden, Hussein, der gemeinsam mit Kobis das Mikro­kredit­projekt zuverlässig weiterführen kann. Hussein hat einen guten Schulabschluss; sein Studium auf einer Art Fachhochschule für Wirtschaft in Accra musste er aus familiären und finanziellen Gründen abbrechen. Zur Zeit hat er einen Job als LKW-Fahrer für Transporte in andere westafrikanische Länder. Der Verein wird ab nächstem Jahr seine halbjährige Ausbildung bei einer Bank finanzieren (300 € monatlich), damit Hussein und seine Familie das Notwendigste zum Leben haben und er gut auf die Anforderungen des Projekts vorbereitet ist. Damit unser Mikrokreditprojekt offiziell von den Behörden anerkannt wird und agieren kann, ist seit einiger Zeit ein Anfangskapital von 22.000,- € erforderlich. Außerdem wollen wir die Einrichtung des kleinen Büros verbessern u.a. mit einem PC und entsprechender Software, Kosten ca. 1.500,- €.  
Wir fördern weiterhin Schulpatenschaften und die Ausbildung junger Menschen. Zur Zeit werden Humu, Anti und Selima zu Krankenschwestern ausgebildet.

Wir freuen uns über jede Unterstützung zugunsten von Takoradi und danken Euch für Eure Geduld.
Ich wünsche Euch frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr 2014

Mit vielen Grüßen      Eure Anne          


 
Spenden bitte mit Angabe von Namen und Adresse auf das Konto 100-606405 bei der VR-Bank Erlangen EHH
BLZ 763 60033, Kontoinhaber: Ghana-Freunde e.V.,    Verwendungszweck: Takoradi

Donnerstag, 6. Juni 2013

Weitere Informationen von Anne



Seit 15.11.2011
Wohnhaft in Effiakuma unter einfachen Bedingungen für Wohnung und Praxis bis zur Fertigstellung des Gesundheitszentrums in Takoradi
Behandlung vor allem von Kranken aus dem Armutsviertel, die oft nicht oder nur wenig für die medizinische Betreung bezahlen können. Patienten kommen mit tropentypischen Erkrankungen wie Malaria, Diarrhoe, Wurmerkrankungen aber auch sehr oft mit Bronchitis, Pneumonie, Gastrits, Nieren- und Blasenentzündung, Verletzungen und  eiternde Wunden vor allem bei Kindern,  chronischen Erkrankungen wie Hepatitis, Hypertonie (häufiger als in Deutschland),  Diabetes, Magenulcus, Asthma, Arthritis, Rückenschmerzen, Hautproblemen wie Ekzem, Vitiligo, Akne, überschießende Narbenbildung usw.    
Vorträge und Diskussionsrunden mit Frauen aus dem Armutsviertel über Themen wie weibl. Zyklus, Genitalorgane von Frau und Mann, Beschneidung, Klimakterium, Verhütung, Kindererziehung, gesunde Ernährung.
Es gibt einerseits zu wenig, bzw. sehr einseitiges Essen mit zu viel Kohlenhydraten und zu wenig Gemüse und Obst und vor allem für die Kinder zu wenig Proteinen, andererseits zu viel Süßigkeiten, die überall billig angeboten werden  mit entsprechenden Folgeerscheinungen wie Karies bei Kindern und  Übergewicht besonders bei Frauen. Vielen Frauen leiden darunter auch wegen den einhergehenden Beschwerden, aber es gibt erstaunlich viel Unwissenheit, welches Essen bei Übergewicht sinnvoll ist.
Weil ich die Erfahrung gemacht, dass ich in persönlichen Gesprächen mehr erreiche, halte ich zur Zeit keine Vorträge, die außerdem relativ zeitaufwendig sind.  Für viele Frauen bin ich inzwischen Vertrauensperson und  Ansprechpartner bei ihren verschiedenen  Problemen mit Gesundheit, Partnerschaft, Kindern usw. geworden.    
Therapeutisches Trampolinspringen für  Frauen wurde am Anfang sehr gut besucht, jetzt etwas weniger.   
Der Unterricht von Lesen und Schreiben mit Frauen, die nie die Schule besucht haben, hat sich leider im Sand verlaufen, obwohl die Frauen eifrig bei der Sache waren. Ein Grund sind sicherlich meine mangelnden Fähigkeiten, ein geduldiger und guter Lehrer zu sein - es ist schon erstaulich mühselig als Erwachsener noch das ABC zu erlernen - ein anderer Grund ist sicher auch die fehlende Bereitschaft der Frauen zu üben,  was bei ihrem anstrengenden Arbeitspensum allerdings auch verständlich ist: Oft noch mehrere kleine Kinder, Wasser von weit her schleppen, weil aus der örtlichen Wasserstelle wieder mal kein Wasser kommt, Berge von Wäsche, die per Hand gewaschen werden muss, Kochen über dem offenen Feuer und die Versuche z. B. durch  Verkauf von selbstgekochtem Essen oder  einem kleinen Handel das Familienbudget aufzubessern. Vielleicht waren auch die Ehemänner der Frauen nicht besonders angetan von unseren Lernversuchen, aber mehr als ein paar vage Andeutungen zu diesem Thema konnte ich nicht von den Frauen herausbekommen.   
Der Anbau und vor allem das Ernten von Artimisia ist etwas zeitaufwendig. Die Pflanzen brauchen täglich Wasser, nicht immer einfach in der Trockenzeit, wenn kein Wasser  aus der Leitung kommt. Die Blätter sind sehr fein und der Tee soll möglichst keine Stiele enthalten, weil sonst die Wirksamkeit sinkt. Trocknen und Lagern muss ebenfalls sehr sorgfältig geschehen, weil es bei der hohen Luftfeuchtigkeit leicht zu Schimmelbildung kommen kann. Zum Glück habe ich zuverlässige Helfer, denn wir brauchen viel Tee zur sehr wirksamen Therapie bei Malaria und zur Prophylaxe bei Leuten wie mir, bei denen die Malaria tropica wegen mangelnder Teilresistenz  gegen das Plasmodium, den Malariaerreger, sehr gefährlich ist oder auch bei Patienten, die aus welchen Gründen auch immer (Stress?) ständig unter Malariaschüben leiden.                          
Viel Freude macht mir das Vorlesen, Spielen und Malen mit Kindern aus dem Armutsvierteln, die oft auch noch zum Essen bleiben, weil sie hungrig sind. Ich muss nur  klare Vorschriften einhalten, wie dass es nicht mehr als 8 Kinder sein dürfen. Das sind nicht viele Kinder, aber ist aus Platzgründen sinnvoll, außerdem wird es mir sonst zu anstrengend und macht keinen Spass mehr.  Besonders in den Schulferien sind die Kinder oft den ganzen Tag sich selbst überlassen, die Mädchen helfen häufiger zu Hause aus, und passen auf die kleine Geschwister auf, die Jungs strolchen im Armutsviertel durch die Gegend mit wenig positiven Beschäftigungsmöglichkeiten .     
Es gibt in Ghana nicht nur sehr wenig gute Bücher besonders für Kinder, sie sind auch erschreckend teuer, so dass es klar ist, warum so wenige lesen. Eine einzige klein kirchliche Bibliothek in Takoradi verleiht größtenteils nur Bücher mit grauslig süßlich religiösen Inhalt. Ich bin deswegen sehr froh über die gespendeten und von mir gekauften Kinderbücher, die auch immer wieder Anlass zu eifrigen Diskussionen mit den Kindern geben.  Sehr dankbar sind wir auch für die Kartons mit Spielen, Stiften, Mandalas zum Ausmalen und kleinen, sehr nützlichen Schätzen wie Kreiden, Spielzeugautos und Glasmurmeln...  Bei meinem letzten Aufenthalt in Deutschland habe ich von Vereinsgeld einige DVS der Reihe „Was  ist Was“ gekauft, eine gute Möglichkeit, wenn ich mal etwas Ruhe will und gleichzeitig gute Gelegenheit für neuen Geprächstoff mit den Kindern.           
Leider habe ich bei meinem jetzigen Wohnort noch keine Möglichkeit, das große Trampolin und die Schaukel aufzustellen, das  Tischfußballspiel (heißt es so richtig?) erfreut sich täglich großer Beliebtheit.        
Die Formalitäten für meine offizielle Arbeitsgenehmigung und endlich den Bau des Zentrums waren erledigt.  Leider verlangt jetzt noch die Regierung bzw. ghanaische Ärztvertretung, dass ich eine Prüfung ablegen soll, in der medizinsches Wissen wie zum Staatsexamen abgefragt wird, das bei mir  30 Jahre zurücklegt. Es gibt zum Glück eine Möglichkeit, die Prüfung zu verrmeiden, weil ich wirklich keine Lust und auch keine Zeit habe, wieder Wissen zu pauken – und noch dazu in Englisch - , das ich in der täglichen Praxis nicht benötige.  Ich hoffe, dass auch diese letzte Hürde bald genommen ist. Ansonsten übe ich mich in Geduld; es lohnt sich nicht in offene Auseinandersetzung mit den Behörden zu gehen. Das kostet nur unnötig Kraft und ist sogar eher kontraproduktiv, d.h. es kann alles nur noch weiter verzögern. Ich sammle weiterhin viele lehrreiche Erfahrungen im Umgang mit den Patienten und Menschen aus meiner Umgebung und bin dankbar, dass ich mit Eurer Unterstützung, einigen Menschen hier schon auch schon unter einfachen Bedingungen helfen kann.

Projekt „Mikrokredit in Takoradi“
Von den bisher 5 500 €, die wir seit letztem Jahr  für verschiedene Mikrokreditprojekte vergeben haben, wurden fast die Hälfte bereits zurückgezahlt und neu vergeben. Leider fahren wir bei dem Projekt zur Zeit auf „Sparflamme“. Der hauptverantwortliche Sharif ist traurigerweise verstorben.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Gute Neuigkeiten




Wir haben endlich die offizielle Genehmigung für unser Gesundheitszentrum und können auch gleich mit dem Bau beginnen!!!

Die Erleichterung ist förmlich zu spüren
  


Und so sieht es nun also aus - das Grundstück, auf dem das Gesundheitszentrum entstehen wird



Dezember 2012




Neue Fotos aus Takoradi




Für viele Frauen bin ich Sister Anne. Wir lachen zusammen und unterhalten uns über die großen und kleinen Sorgen des Alltags. Wichtig ist auch der Kontakt zu den älteren Damen,
Sister Madidja und ich sind uns sympathisch











Die kleinen Kinder sind auf dem Rücken der Mutter überall dabei









hier beim Putzen der Fische





















Kochen ist fast ausschließlich Aufgabe der Frauen,
auch die Mädchen lernen es frühzeitig








Geschirrspülen unter freiem Himmel










Am Freitag wird in Ghana  hoffentlich wieder friedlich gewählt. Die Mädchen tragen T-Shirts mit Fotos von Politikern, die sich zur Wahl stellen










 Überall um mich herum gibt es Kinder, die mich besuchen


                        


                                                  John, Anisa
                          und Deedat





                                                            Hamdiya  








                          die Zwillingsmädchen                                   Latifa und Sharifa











 Sulei und Salim
 













Kofi, Hamso, Baba Haruna, Salim und Sulei







Oft passen die etwas größeren Kinder auf die kleineren auf wie Baba Yaya auf seinen kleinen Bruder Malik

















                              Vorlesen gehört zu








unserer Lieblingsbeschäftigung



Montag, 13. August 2012

August 2012


Meine Lieben,

bevor ich etwas später als geplant nach Ghana zurückkehre, will ich Euch noch an ein paar  Eindrücken aus Guinea-Bissau teilhaben lassen.
Die Regenzeit hat jetzt hier auch begonnen, Vorteil: Es ist etwas kühler, großer Nachteil: Es gibt noch mehr Moskitos (und damit noch mehr Malariafälle) und Fliegen, von denen viele ins Haus kommen, weil das Haus, in dem ich wohne, keine Trapdoor hat wie in Ghana und ich leider keine Patsche aus Takoradi mitgenommen habe. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie  geduldig Afrikaner sind  und wie wenig sie über die widrigen Umstände schimpfen oder jammern (ich habe da eigendlich keine Chance zum Klagen, z.B. über die lästigen Fliegen).
Nur wenn ich Patienten direkt  anspreche, rücken sie vorsichtig mit ihren Problemen heraus wie z.B. Isaak, 27 Jahre alt; er leidet seit mehr als 5 Jahren an starken, bis jetzt therapieresistenten Magenschmerzen. Er spricht fließend Englisch und Französisch und ist einer meiner freiwilligen Helfer beim Übersetzen in den Gesprächen mit Patienten. Er hat sechs Mal die Aufnahmeprüfung zur einzigen Medical School für Ärzte in Guinea-Bissau gemacht. Trotz bester Noten wurde er nie genommen - er hat leider keine Beziehungen zur politischen Klasse. Er unterricht im Gymnasium von Bissau als Lehrer, die in Guinea noch schlechter bezahlt werden als in Ghana. Weil der Vater nicht mehr lebt, ist er als Ältester für seine Geschwister verantwortlich. Oder Dominga: Sie leidet an starken Kofschmerzen und Symptomen, die eine chronische Hepatitis vermuten lassen. Ihr Mann ist kurz nach der Geburt der jüngsten Tochter verschwunden. Jetzt versucht sie mit ihrem Lohn als Angestellte in einem Büro und Näharbeiten sich und ihre vier Kinder zu ernähren und das Schulgeld zu bezahlen. Bei den Kopfschmerzen konnte ich ihr sicher helfen: Irgendwann erwähnte sie während der Anamnese in einem Nebensatz, dass das Nähen seit mehreren Jahren für sie sehr anstrengend geworden ist, weil sie so schlecht sieht. Ich ließ sie meine Lesebrille ausprobieren, mit der sie auf einmal wunderbar sehen konnte. Wir waren beiden sehr froh, dass ich eine, nicht an meine Augen angepasste, Brille für ihre Altersweitsichtigkeit dabei hatte, die ich ihr geben konnte.
Die 20-jährige Mariama wurde von ihrer Tante zu mir geschickt. Sie kann seit sechs Jahren nur wenig essen und erbricht oft nach dem Essen. Sie ist hübsch, aber wirklich sehr dünn, kaut an ihren Nägeln und schaut ständig auf den Boden. Bei uns würde man auch an Magersucht denken. Auf meine vorsichtigem Fragen erzählt sie nach einiger Zeit in wenigen trockenen Worten (nur am Schluss weint sie lautlos), dass sie nicht nur an Magen-, sondern auch täglich an starken Kopfschmerzen leidet. Sie ist seit ihrem 3. Lebensjahr Vollwaise und lebt bei einem Onkel, der mehrere Frauen hat und ein ziemlicher Tyrann sein muss. Er erlaubt ihr nicht, bei der Tante zu wohnen, die sie gerne zu sich nehmen würde, läßt sie alle Drecksarbeit machen, das Wasser von einem weit entfernten Brunnen anschleppen, die Wäsche waschen und „zum Dank“ wird sie angeschreien.
Ein interessante Patientin ist die ältere Sabbati. Sie war Krankenschwester im Unabhängigkeitskampf gegen portugiesischen Kolonialherren. Die kriegerischen Auseinan-dersetzungen begann 1959, als Soldaten auf streikende Hafenarbeiter schossen, die ihren Lohn eingefordert hatten, und 50 Arbeiter starben. Auf meine Nachfrage erzählte sie mir ein bißchen von dem Guilleriakrieg, der bis zur Anerkennung der politschen Unabhängigkeit  durch das demokratisch gewordene Portugal  1974 dauerte (nicht 1972, s. mein erster Brief aus Bissau), wie sie sich im Dschungel versteckten, oft weite Strecken zu Fuß auf der Suche nach neuen Verstecken zurücklegten, nichts zum Essen, kaum Medikamente und Ausrüstung hatten, aber ständig Angst vor den Überfällen der Portugiesen, die viele von ihnen töteten. Ihre Stärke sei ihre „Natural power“, ihre spirituelle Kraft gewesen, die sie anscheinend oft auch vor den Schüssen der Portugiesen schützte. Auch andere Patienten erzählen manchmal, wie sie von Kämpfen und Verhaftungen träumen, die ja mit dem zahlreichen Militärcoups auch nach dem Bürgerkrieg immer wieder vorkamen..... 
Es sieht malerisch aus, wenn die Männer morgens in Gruppen, scherzend zu ihren Feldern marschieren, eine Art Schaufel geschultert, die einen fast mehr an einen Speer als eine Schaufel denken lässt. Der Schaft ist lang, das Vorderteil ist deutlich schmaler aber länger als ein Spaten und besteht aus Holz, nur die Spitze und ein kleiner Teil seitlich der Spitze sind von Metall eingefasst. Ich habe nie einen Pflug oder gar Traktor auf den kleinen Feldern gesehen, auf denen seit dem Regen Reis, Casava, Bohnen und Mais wächst. Wie gesagt malerisch, aber man versteht, warum so viele Nahrungsmittel importiert werden müssen  und entsprechend teuer sind, auch fast alles Gemüse einschließlich Tomaten und rotem Pfeffer, den Afrikaner dringend zum Essen brauchen. Günstig sind Casava, aus dem man einen dicken Brei macht (den ich nicht essen kann), Mangos (sind sehr gut) und Fisch, von dem die Fischer vor der Küste von Guinea anscheinend noch relativ viel finden, wenn sie mit ihren kleinen Booten, oft noch ohne Motor, aufs Meer fahren. Es gibt noch ein anderes Obst, das auch billig ist und von den Leuten hier sehr viel gegessen wird. Es ist eine Frucht mit Kernen, die von wenigem saurem Fruchtfleich umgeben sind und von den Leuten wie Bonbons gelutscht werden, der Rest ist nicht geniesbar.

Erstaunlicherweise joggen hier relativ viel Leute und anscheinend besonders gern, wenn der   heftige tropische Regen vom Himmel prasselt; jedenfalls rennen dann viele, auch Frauen und Kinder durch die Gegend. Alles wird sofort völlig durchnässt, auch meine Turnschuhe triefen (von den Leuten laufen viele barfuß oder mit Plastiksandalen), weil die Wege in kürzester Zeit in Sturzbäche verwandelt werden. Leider trocknet bei der Feuchtigkeit alles sehr schlecht, aber sonst ist es wirklich ein tolles Gefühl, im tropischen Regen zu rennen und die Leute zu beobachten, die auch voller Begeisterung laufen.
Hier spielen ulkigerweise auch viele Mädchen und junge Frauen Fußball und ich habe immer wieder welche beim freundschaftlichen Ringkampf beobachtet.
Die Frauen tragen hier nicht wie in Ghana ein Tuch um den Kopf (immer sehr passend zur Kleidung), sondern haben alle kunstvolle Frisuren (oft zusätzlich mit künstlichem Haar). Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie die Frauen sich gegenseitig frisieren und was sie für verschiedene Möglichkeiten finden, ihr Haar zu verändern, auch die kleinen und vor allem die jungen Mädchen, die in Ghana mit kurzgeschorene Kopf herumlaufen, zumindest diejenigen, die in die Schule gehen (ist wie die Schuluniform vorgeschrieben) und das sind sehr viel mehr als in Guinea. In Ghana haben die Frauen unter den Tüchern auch schicke Frisuren, aber nicht so vielfältig wie in Guinea.
Es gibt hier wirklich sehr viele Kinder, und ich muss noch mehr als zu Beginn meiner Zeit in Bissau auf ihre Branco- (Weiss), Branco-Belele- (Weiss-Weiss), Amiga- oder Anna, Anna-Rufe reagieren.  Es beschämt mich immer wieder, wie die Kinder sich schon freuen, wenn sie mich kommen sehen und wir dann Hände schütteln und uns grüßen (morgens „Bomdias“, ab 12 Uhr „Bottari“). Mehr kann ich leider auf Grund meiner mangeln-den Criol-Kenntnisse nicht mit ihnen sprechen. In der Nachbarschaft, wo sie mich gut kennen,  sprechen die Kinder auf Criol mit mir und ich rede in Englisch, auch eine Art von Kommunikation, die irgendwie funktioniert.
Gute Stimmung herrscht, wenn ich abends manchmal mit den Frauen und Kindern aus der Nachbarschaft tanze zu Musik aus einem Handy oder zu Liedern, die die Frauen singen.

Seit dem Regen ist eine Lagune mit Fluss zum Meer  zu einem großen See geworden, die Vegitation wuchert, man kann den Pflanzen fast beim Wachsen zusehen. Es gibt viele Vögel und neulich ist auch eine fette Schlange an mir vorbeigekrochen, zum Glück in ausreichender Entfernung. Angeblich gibt es jetzt massenweise Schlangen gibt, auf dem Weg vor unserem Haus wurde auch eine von den Nachbarn gesichtet. Fast alle (oder sogar alle?) Afrikaner, die ich kenne, haben große Angst vor Schlangen, was zumindest teilweise sicher berechtigt ist, weil es vor allem auf dem Land immer wieder zu Vergiftungsfällen kommt, aber manchmal muss ich innerlich über die etwas allzu große Angst schmunzeln genauso wie über die Angst der Ghanaer vor Hunden. Die Guineabissauer (?) scheinen sich nicht vor Hunden zu fürchten, vielleicht weil zu viele frei herumlaufen, um die sich kein Mensch kümmert. Manche haben wirklich scheußliche Wunden, besonders gesund sieht keiner aus. Außer den Hunden laufen überall (auch direkt vor den Hütten und Häusern) jede Menge Schweine mit ihren Ferkeln herum, die einen zufriedenen Eindruck machen und gleich warnend grunzen, wenn sie jemand stört, sowie Ziegen, Hühner und wenige Kühe, die mit ihren großen, Mondsichel ähnlichen Hörnern und glattem, grauem oder weißem Fell schön aussehen.  Neben den Schlangen gibt es seit dem Regen viele Frösche, die nachts ein unglaublich lautes Gequake mit verschiedensten Tönen veranstalten (stört mich zum Glück nicht beim Schlafen) und von denen eine kleine Sorte auch tagsüber überall herumhüpft. Überall kriechen Raupen mit langen Haaren herum, von den auch viele irgendwie den Weg ins Haus finden; heute morgen war eine im Bad.  Es flattern viele Schmetterlinge durch die Gegend und an einem Baum habe ich eine Orchideenart mit wunderschönen kleinen Blüten entdeckt. Die riesigen Urwaldbäume, von denen es in Takoradi-Effiakuma, wo ich zur Zeit wohne, keine mehr gibt, beeindrucken mich jeden Tag wieder.    

Zum Skypen und Email-Versenden, aber auch zum Aufladen meines Notebooks und Handys wandere ich immer zu einem bestimmten InternetCafe, dem einzigen in meiner Nähe. Ich nenne es meine „Internet Spelunke“, ohne Fenster  mit unmöglichen Tischen und Stühlen, aber es gibt Strom (von einem relativ leisen Generator) und die jungen Burschen, die das Cafe betreiben, sind sehr nett und hilfsbereit. Als musikalische Begleitung hören wir immer die gleichen Lieder von Tracy Chapman, bzw  ist heute zum ersten Mal ununterbrochen „Time to say good bye“ an der Reihe  ...

Viele Grüße, alles Gute und noch schöne Sommertage            Anne